Der Cicero titelt: „Gefügige Frauen, befriedigte Egos. Millionen Sextouristen fallen jährlich in Länder ein, in denen es neben Sonne, Strand und Meer auch Frauen zu Spottpreisen gibt. (…) Viele Sextouristen kommen aus gehobenen Gesellschaftsschichten, es sind Ärzte, Anwälte, Manager und Politiker. Männer, die Einfluss haben und Macht ausüben, und denen eine gefügige Frau dabei hilft, ihr narzisstisches Ego zu befriedigen. Für viele ist Sexurlaub auch eine Flucht aus einer komplizierten Paarbeziehung. (…) Einfacher und schneller als eine Paartherapie ist für manche dann eben der Sexurlaub. Statt Probleme auf Augenhöhe mit der Partnerin auszudiskutieren, steigt der Mann ins Flugzeug und sucht sich ein scheinbar anspruchsloses und gefügiges Mädchen, das seine sexuellen Wünsche erfüllt. Für ein paar Dollar bekommt er das Gefühl, stark und mächtig zu sein. Die Devotheit der jungen Geliebten befriedigt ‚einen zusätzlichen sexuellen Trieb der Unterwerfung.’“
Zeit-Online: „Sie kaufen sich das Gefühl, mächtig und liebenswert zu sein. Zu Hunderttausenden reisen alljährlich Männer aus dem reichen Norden in die Rotlichtbezirke des armen Südens, wo Sex noch billig zu haben ist.“
Wenn es dagegen um weiblichen Sextourismus geht, sieht die Berichterstattung so aus wie in der Welt: „In dem Film ‚In den Süden’ spielt Charlotte Rampling eine Frau jenseits der 50, die sich nimmt, was sie will. Und das ist Sex. Richtig so, (…) schließlich ist ein Vorteil des Alters, endlich befreit von Familien- oder Karrierestress genießen zu können. (…) Heute küssen Frauen bedeutend häufiger jüngere Männer, ob nun im Film oder im wahren Leben. Viele 50- und 60-jährige Single-Frauen wollen keinen verkrusteten Partner mehr, der einen gemütlichen Lebensabend mit einer Seniorin sucht, die wie Mutti kocht und ihm Haartinktur in die kahlen Stellen reibt. (…) Die Besucherinnen [des Films] stören sich nicht einmal daran, dass in dem Film reiche Touristinnen ihre unausgelebte Libido mit minderjährigen Beach-Boys befriedigen. Immerhin bekommen die ja üppige Mahlzeiten und kleine Geschenke für ihre Dienste.“
Bei männlichen Sextouristen lesen sich die „üppigen Mahlzeiten“ dann so wie in der taz: „Manche Männer stellen sich als eine Art Entwicklungshelfer dar, wenn sie einer Familie Geld geben, mit dem diese dann ein kleines Café oder ein Guesthouse mit ein paar Zimmern in einem Badeort aufbauen kann. So wie Werner, ein deutscher Rentner aus Nordrhein-Westfalen. Der Mann sitzt unter einem Sonnenschirm aus Palmenblättern. Nackter, weißer Bauch, der sich über eine rote Boxershorts arbeitet, vor sich ein Bier.“ Nach der Zwischenüberschrift „Absurde Rechtfertigungen“ folgt die Passage: „Ein junges Mädchen läuft herbei, sie räumt den Teller mit den Fischgräten ab. Werner greift nach ihrem Arm und umfasst ihre Hüfte. Er schnauft: ‚Sextourismus? Was für ein Quatsch.’“
Besonders perfide wird es dort, wo beim weiblichen Sextourismus sogar die Opfer zu Tätern gemacht werden. Wieder die Welt. Titel: „Von türkischen Gigolos und deutscher Einsamkeit. Deutsche Frauen reisen auch gern an die türkische Riviera, um ihren einsamen Herzen ein wenig Nähe und Wärme zu gönnen. (…) Erkan ist Gigolo. Er bietet einsamen Frauen ‚Spaß’, wenn sie genügend materielle Gegenleistung bieten. Er wohnt im türkischen Badeort Antalya, wie Dutzende andere Gigolo-Kollegen. Andere kommen jeden Sommer aus den Dörfern des Südostens an die Küste zur großen Jagd auf die westlichen Frauen und ihr Geld. Zu Beginn der Saison schließen sie Wetten ab, wer diesmal die größte Beute zusammenbringt. (…) Kaum einer wird wirklich reich, aber jeder kennt eine Geschichte vom großen Coup. Um den zu landen, muss man sich noch ein bisschen mehr überwinden als Erkan und eine richtig alte Frau heiraten. Das ist der Weg ins Glück für die Männer und in den Ruin für die betroffenen Frauen. (…) Das ist der Stoff, aus dem türkische Gigolo-Träume gemacht sind. Wie viele Frauen auf diese Weise Glück suchen und Unglück finden, das weiß wohl niemand.“